Des Gletschers Krone
Versunken für alle Zeit in tiefer, schwarzer See, wo Stolz und Anmut begraben sind, liegt die abgelegte Krone in Ruhe und im Angesicht des ewigen Friedens. Einst thronte sie hoch oben in den Weiten des Ozeans, bevor sie die schwindende Welt im Guten verlies. Eines Tages würde der Mensch sich vielleicht an sie erinnern, doch zu diesem Zeitpunkt würde es bereits lange zu spät gewesen sein. Während die Wunden an der kalten Oberfläche heilen, fristet die letzte Schönheit ihr Sein auf der Erde, die ihr nichts mehr zu geben hat. In dem geflochtenen Krieg um Macht und Ruhm setzt die weiße Krone ihren Rückzug an. Mit Wehmut im Herzen und unendlicher Traurigkeit sinkt sie langsam in die dunkle Tiefe des Vergessens, so, als habe sie niemals existiert. Sie nimmt die Grausamkeit des Lebens mit hinab und hält sie so fest sie kann, mit aller Kraft und Liebe, damit jemand anderes noch einen Moment länger überleben kann. Vor langer Zeit trug die Ehre die Krone, bis sie letztendlich zu schwer geworden war und sie selbst zu schwach. Was macht es für einen Unterschied, wenn man langsam schwindet? Der Himmel war klar und in tiefes Blau getaucht. Die Luft war kühl und voller Ehrlichkeit. Leise verlies der Gletscher diese Welt. Irgendwo spielte ein Geiger sein einsames Lied über einen Traum, der längst verschollen war auf einem der großen Meere.
Sein Lied war voll von Melancholie und einer schweren Traurigkeit. Dennoch blieb der Blick des Geigers auf die Welt gerichtet und mit seinem letzten Ton trug er die Hoffnung noch einmal hinaus in die Weite, in dem Glauben, sie würde es vielleicht schaffen - eines Tages.
Ein Traum
Es war einmal vor langer Zeit
Da lebte ein Traum
Von einem Tag zum nächsten
Er lief über Wiesen
Rannte durch Wälder
Und lachte der Sonne entgegen
Es war einmal vor langer Zeit
Da lebte ein Traum
Unbeschwert und schwerelos
Er erklomm die höchsten Berge
Überquerte die Weltmeere
Und gab der Ewigkeit einen Namen
Es war einmal vor langer Zeit
Da lebte ein Traum
Lachend und liebend und lebend
Er kämpfte gegen das Grau der Welt
Siegte über Monotonie
Und stieg in voller Pracht empor
Es war einmal vor langer Zeit
Da lebte ein Traum
Völlig frei und ohne Zwang
Er spielte das Lied der Freude
Tanzte zur Melodie
Und fiel am Ende auf die Knie
Es war einmal ein Traum
Vor langer, langer Zeit
Niemand hat die Krone je wieder gesehen. Sie nirgends gefunden, denn sie blieb bis zum bitteren Ende dort, wo sie hingehörte. Sie senkte ihr Haupt und ging den Weg der Gefallenen. Doch sie hinterließ ein Wort, ein einziges Wort. Lauscht man in einer kalten Nacht dem Wind, der durch die Welten zieht, dann kann man es dann und wann noch hören. Denn des Gletschers Krone war genau das - versöhnt.
©️Kuno 08/2016
#1 Sandra Ohse
Ein wunderschöner poetischer Beitrag! Ich bin Fan! <3
KUNO
Das freut mich sehr! :)
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